Über eine Hintergrund-Bewegung
Wo aber beginnt und wo endet das Recht darauf? Kaum jemand will bei dieser Frage auf seine Rechtschutzversicherung vertrauen, denn es gibt erhebliche Unklarheiten. Heißt das Wegegebot, dass ich nur auf dem Weg zelten darf? Verbrauche ich beim Biwak kriminelle Energie?
Angesichts solcher Fragen beschleicht den frommen Biwakfreund am Ende eines anstrengenden Tages nicht selten ein dumpfes Unbehagen. An seinem Gewissen nagt die Furcht, in der Nacht doch noch vom empörten Gezeter und der Paragraphenbeterei eines eifrigen Revierpolizisten aus dem Schlaf gerissen zu werden, den man nach einem langen Tag doch so bitter nötig hätte. Darum hält man sich beim Biwak allgemein gern im Hintergrund, denn wo kein Kläger, da kein Ruhestörer.
Für diejenigen, denen es ähnlich geht und die ohne Anwalt, der auch die örtliche Gesetzeslage zu deuten weiß, unterwegs sind, an dieser Stelle einige Anmerkungen zur rechtlichen Situation:
Beim Biwakieren handelt es sich um eine rechtliche Grauzone in Deutschland, wobei es sich weniger um ein „Grau“, als vielmehr um ein fröhliches Kunterbunt aus kuriosen Regelungen und rechtlichen Auslegungsvarianten handelt. Der einzige Konsens: Generell muss das Betreten des betreffenden Territoriums erlaubt sein. Das Betreten meint juristisch jedoch nur einen vorübergehenden Aufenthalt, worum es sich beim Biwak per Definition aber nicht handelt. Das allein hilft also auch nicht weiter.
Andere Staaten, konkret die Schweiz und die skandinavischen Länder – ausgenommen Dänemark – haben ein auf Traditionen beruhendes Gewohnheitsrecht, das sogenannte „Jedermannsrecht“. In Deutschland hingegen sind dementsprechende Regelungen Ländersache und fallen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich aus. Dabei wird gelegentlich ein Unterschied gemacht, ob man im Zelt oder unter freiem Himmel nächtigt. Ausschlaggebend ist in der Regel, wo und für wie lange man biwakiert. Für alle in irgendeiner Form als Naturschutzgebiet klassifizierten Gebiete und in der Regel auch für Wälder gilt ein klares Nein! Für ein offenkundig privates Gelände ist wiederum das Einverständnis des Besitzers einzuholen. Da der jedoch nicht immer auffindbar ist, gibt es beispielsweise im Mecklenburger Havelseengebiet eine Regelung in Form einer abgeschwächten Variante des „Jedermannsrecht“, die im Zweifelsfall das Aufstellen des Zeltes für eine Nacht erlaubt. Derart liberal geht es jedoch nicht überall zu. Im individuellen Fall ist es Ermessenssache jedes Einzelnen, ob der sich zum Abenteuer Biwak entschließt. Wer biwakiert, steht damit jedenfalls nicht alleine, denn in der allgemein üblichen Praxis haben sich dieses „Gewohnheitsrecht“ hierzulande bereits bundesländerübergreifend insbesondere Angler und Paddler angeeignet.
Für alle, die den obigen Anmerkungen nur wenig Trost abgewinnen können, noch ein Hinweis zum Schluss: Grundsätzlich gilt in Deutschland der Rechtsvorbehalt. Der besagt, das alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, zunächst erlaubt ist. Dies impliziert jedoch, dass man sich über die jeweils gültige Gesetzeslage informiert hat, um eben auch zu wissen, was tatsächlich nicht geregelt ist. Das kann wegen der oben genannten Gründe jedoch schnell mühselig werden. Darum empfiehlt sich als eine erste Anlaufstelle immer die zuständige Tourismusinformation. Doch auch die verweist im Zweifelsfall gern allzu schnell mit einem Achselzucken auf die örtlichen Beherbergungsbetriebe. In diesem Fall bleibt das Biwakieren für Biwak-Liebhaber und all jene, die sich nicht in Ermangelung eines Zeltplatzes in stickige Pensionszimmer stecken lassen wollen, eben doch eine Hintergrund-Bewegung.
2 Antworten auf „Sommerzeit ist Biwakzeit“