Warum der Radneukauf eine heißkalte Angelegenheit sein kann und welche Radschläge Tourenradler haben
Ich bin ja kein Fahrradfachhändler. Vielleicht erwischt es mich deshalb hin und wieder heißkalt bei dem Gedanken, dass irgendwann einmal jedes noch so stolze Radl/Ross abgehalftert sein könnte. Zwar gibt es für fast jedes Wehwechen einen Flicken, doch der Fortschritt schreitet fort und das alte Modell setzt zunehmend Rost an. Auch wenn man seinen Oldtimer bereits lieben gelernt hat und mit seinen Macken umzugehen weiß, so ist doch der stete Verfall ein Gesetz und die Vorteile von Material und Technik neuerer Fahrräder nicht zu leugnen. Daher scheint das alljährliche Aufschieben des unbequemen Radneukaufs keine Strategie zu sein. Auf kurz oder lang muss sich wohl jeder Tourenradler mindestens zwei bis dreimal in seinem Leben dieser Frage stellen: Welches Radl darf`s denn sein?
Die Antwort darauf fällt bei Langstreckenradlern oft mit einem gewissen Unbehagen aus, denn wer kann schon garantieren, dass das neue Rad auch tatsächlich die eingeforderte Treue hält, die man da draußen auf den Straßen der Welt so nötig braucht? Nun sind die Schwierigkeiten beim Radneukauf aber nicht unbedingt ein Randgruppenthema von Langtourenradlern. Einmal nach einem guten Rad gefragt, kommt es in der Radlerecke von Campingplätzen schnell zu allabendlichen Debatten, und so mancher nutzt die Gelegenheit, vor dem Einschlafen noch in einer ergreifenden Rede seine kostbaren Erfahrungen an alle Unwissenden weiterzugeben. Die Essenz solcher Radschläge: Keiner weiß wirklich, was das richtige Fahrrad ist, aber es gibt ein paar Tipps und Richtlinien, die beim Fahrradkauf hilfreich sein können:
1. Was brauche ich wirklich? Vor dem Kauf genau überlegen, was für mich bisher an einem Fahrrad unverzichtbar oder wenigstens wichtig war und was darüber hinaus wünschenswert wäre, weil ich es des Öfteren schmerzlich vermisst hatte. Alles, was nicht dazu zählt, kann im Zweifelsfall getrost vernachlässigt werden, denn:
2. Schnickschnack und Extras sollten vermieden werden. Klar hat der ein oder andere sicher Spaß an technischen Raffinessen, und niemand soll ja ganz auf sie verzichten, aber eines muss klar sein: Jedes Extra hat seinen Preis und kann zudem kaputtgehen, und das wird spätestens dann ärgerlich, wenn die Panne 20 Kilometer vor der nächsten Ortschaft zum Totalausfall wird. Bei allem Luxus sollten wenigstens die Basics zuverlässig dafür sorgen, dass es immer rollt. Zudem sollten die Teile ggf. auch fern der Heimat möglichst unkompliziert ausgewechselt oder repariert werden können; dazu gehört, dass die Teile ggf. auch durch einfachere ersetzt werden können. Wer hat schon einmal versucht, quergedrehte Schmetterlingsspeichen für mehrfach verzahnte Vierkanthohlfelgen in Kuhdorf zu besorgen? Einen Hammer aber gibt’s in jedem Dorf, da schadet es sicher nicht, wenn der im Zweifelsfall auch ein angemessenes Werkzeug für die Fahrradreparatur ist.
3. Darauf achten, dass alle Komponenten gut zusammenpassen. Die Kompatibilität von Bauteilen hat hin und wieder so seine Tücken. Verschiedene Hersteller bringen verschiedene Formate auf den Markt und so ist das Zusammenspiel verschiedener Komponenten trotz gleichen Formats nicht selten beeinträchtigt. Also hier bei allen wichtigen Bauteilen auf bewährte Kombinationen setzen oder die Fachleute nach ihren Erfahrungen fragen.
4. Das ideale Rad gibt es sowieso nicht. Da ist es von Vorteil, eine solide Basis zu wählen und zusätzlich mit den bewährten Gimmicks auszustatten, für die man erfahrungsgemäß eine Affinität hat. So kommt jeder zu seinem Rad, denn welcher Radhändler bietet schon von Hause aus Trekkingräder mit Traktorbereifung für die Taiga an? Was hingegen eine solide Basis bei einem Rad ist, lasse ich offen, denn damit kennen sich andere sicher besser aus.
5. Zeit lassen und nicht gleich auf große Tour gehen. Stattdessen das Rad unter verschiedensten Bedingungen ausprobieren, genau das Fahrverhalten beobachten, Fehler beseitigen und, wie beschrieben, wichtige Bauteile ergänzen oder austauschen. Bis dahin für längere Touren lieber noch einmal den alten Treter nehmen – also nicht unbedingt das neue Rad erst kaufen, wenn der alte Klepper seinen letzten Atem ausgehaucht hat.